Wannsee, wat Wannsee… Bloß weil Brad Pitt da seine Ängie zu Wasser lässt (oder ließ), ist es noch lange nicht das Nonplusultra der lokalen Seenplatte. Ich hab’s ja lieber klein und idyllisch. Und außerdem hatte ich mich schon allein in den typisch berlinerischen Namen verliebt, bevor ich den kleinen See im Berliner Südwesten für mich entdeckte.
Die Krumme Lanke versteckt sich am Rand des Grunewalds und eignet sich durch die gebogene, langgezogene Form und mit zweieinhalb Kilometern Umfang perfekt für einen entspannten Spaziergang. Am 01.01.2010 bin ich hier zum ersten Mal durch kniehohen Schnee gestapft, morgens um 10, als die ganze Welt noch im Silversterkoma lag. Außer mir, einem einsamen Langläufer auf Ski und einer Frau mit Hund war niemand unterwegs. Der zugefrorene See schimmerte bläulich, an den Ufern knackte das Eis unter den Wurzeln der Bäume und die ehemalige SS-Funktionärssiedlung im Wald kam mir vor wie eine verwunschene Reihe Hexenhäuser.
Sobald die Tage wärmer werden, ist hier natürlich Schluss mit dem Waldfrieden: Dabei bietet die Krumme Lanke vor allem Natur und nicht gerade viel Lukullisches – am ehesten und nächsten ist wohl das Café Gaese mitsamt gigantischem Tortenangebot in der Fischerhüttenstraße zu empfehlen. Aber: Man kann auf dem Uferweg ja nicht nur Joggen und Spazierengehen, sondern mit dem Picknickkorb in der Hand auch zu verschiedenen brauchbaren Liege- und Badeplätzen gelangen. Etwa am (meist extrem vollgestopften) Südufer oder versteckt am Ufer zwischen oder auf den Bäumen. Am Nordufer dürfen sich Hunde auch leinenlos austoben – hier sollte man sich also darauf einrichten, den Picknickkorb samt Inhalt nachdrücklich verteidigen zu müssen. Die FKK-Liegewiese Richtung Fischerhüttenstraße ist da schon entspannter, sofern einen der Anblick fremder Hinterteile nicht beim Sandwichverzehr irritiert. Der Vorteil: Wenn man selbst splitterfasernackt ist, kneift einen auch nach dem ausgiebigsten Picknick keine Hose.
Ansonsten gilt: Kalorienverbrauchen und die Klamotten sitzen wieder. Dafür eignet sich etwa eine Schwimmstunde in dem meist recht kühlen Wasser, denn die Krumme Lanke ist stellenweise bis zu 6,60 Meter tief und unterirdisch sogar mit dem bekannteren Schlachtensee verbunden. Und in ihren Wassern verbergen sich vermutlich noch ein paar Geheimnisse: Im 2. Weltkrieg ist hier ein britischer Bomber abgestürzt. Seine Überreste wurden 1970 zwar größtenteils geborgen, aber Einzelteile des explodierten Flugzeugs liegen vermutlich immer noch am Boden des Sees unter einer meterdicken Schlammschicht. Passieren tut da also nix – dennoch schwimmt man über ein aufregendes Stück Geschichte.
Apropos Geschichte: Die Berliner wären wohl keine, wenn sie über die Krumme Lanke nicht auch etwas gedichtet hätten. Mein Opa singt mir immer gern ein paar Takte dieses Liedes von Fredy Sieg vor – von der Emma mit der man uffe Banke anne Krumme Lanke sitzt.
http://www.youtube.com/watch?v=aeaqr9Kx_Rk
Mehr als diese eine Zeile gibt er nie zum Besten. Entweder, weil er nicht weiß, wie der komplette Text über die Liebschaften am See, ungewollte Schwangerschaften und schreckliche Ehekräche lautet, oder weil er es ganz genau weiß und seine kostbare Enkelin subtil vor Wassernöcken und sonstigen FKK-Anhängern warnen will.
Aber so oder so: Die Krumme Lanke ist ein feines Berliner Sommer- und Winterplätzchen.
Café Gaese
Fischerhüttenstraße 81a. Öffnungszeiten: Mo.-So. 09-19 Uhr.
Bild 2: © Ute Fabricius
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